Es ist eine Schmach diese Familien so zu strafen

Sehr geehrte Frau Hengl!

Der Österreichische Verwaltungsgerichtshof hat in einer für uns nicht nachvollziehbaren Änderung seiner Gesetzesauslegung entschieden, dass Menschen, deren Lebensunterhalt zu mehr als 50% vom Staat finanziert wird, künftig keinen Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe mehr haben sollen. Dies ist umso unverständlicher, als dass die rechtlichen Rahmenbedingungen des einschlägigen Gesetzes seit Jahren inhaltlich unverändert sind. Diese Änderung der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes führt dazu, dass Menschen, die selbst die erhöhte Familienbeihilfe beziehen, künftig diese Leistung nicht mehr erhalten können. Bisher konnte die erhöhte Familienbeihilfe bezogen werden, sofern der Staat nicht zu 100% für den Lebensunterhalt des Beihilfebeziehers aufgekommen ist. Eine Verschlechterung für Kinder mit Behinderung bei der erhöhten Familienbeihilfe ist für die Österreichische Bundesregierung nicht hinnehmbar. Daher wurden in einem ersten Schritt die Finanzämter sofort nach Bekanntwerden dieses Sachverhaltes angewiesen, keine neuen Bescheide in solchen Fällen zu erlassen und eventuelle Rückforderungen aus bereits erlassenen Bescheiden weder einzumahnen noch zu exekutieren. Die Bundesministerin für Familien wird in einem zweiten Schritt durch eine Gesetzesänderung sicherstellen, dass Menschen mit Behinderung die erhöhte Familienbeihilfe weiter beziehen können. Daher werden Menschen mit Behinderung wie bisher die erhöhte Familienbeihilfe beziehen können. Der dafür notwendige parlamentarische Prozess wird noch im September eingeleitet.

Mit besten Grüßen,
Team Bogner-Strauß

Bundeskanzleramt Österreich
Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend
Untere Donaustraße 13-15, 1020 Wien
Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.
www.bundeskanzleramt.at


Offener Brief

Sehr geehrte Frau Bundesministerin Dr. Bogner-Strauß!

Mit heutigem Tage überschlagen sich die Meldungen in den Medien, in den sozialen Netzwerken zum Thema, dass für Menschen mit Behinderungen das Aus der erhöhten Familienbeihilfe angekündigt und teilweise schon bereits von den Finanzämtern aberkannt wurde.

Ein Lichtblick in diesen Berichterstattungen ist Ihr Zugeständnis, dass Sie die VGH-Erkenntnisse nicht hinnehmen und das so nicht zulassen werden.

Da stellt sich mir als Obfrau von RollOn Austria – Wir sind behindert schon die Frage, warum die Finanzämter aktiv werden und seit Wochen schon Bescheide über die Aberkennung der erhöhten Familienbeihilfe und die Rückforderung bereits ausbezahlter Beträge aussenden. Es ist kaum vorstellbar, dass sämtliche österreichischen Finanzämter alleine und ohne Anweisung aufgrund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Jahre 2013 sowie dem Jahre 2016 tätig werden.
RollOn Austria ist bekannt dafür, Unklarheiten aufzudecken und uns in der Öffentlichkeit für die Rechte von Menschen mit Behinderungen einzusetzen. Wir nehmen uns kein Blatt vor den Mund und lassen es ganz bestimmt nicht zu, dass unsere Regierung alles streicht was wir uns so schwer in den letzten Jahren erkämpft haben. Familien und ihre behinderten Kinder haben die größte Wertschätzung und Unterstützung verdient und es ist eine Schmach diese Menschen so zu strafen. Täglich müssen sie als Bittsteller auftreten und sich ihre Würde nehmen lassen, wenn es um ihre anvertrauten behinderten Kinder geht! So geht das nicht!

Mario und Helga

Eine Bundesregierung, die von sich behauptet, sie wollen auf die Schwachen in der Gesellschaft schauen, muss gerade diese Menschen in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft stellen. Familien die ein Leben lang besondere Herausforderungen zu meistern haben, die dürfen nicht ausgebeutet werden, sondern sie müssen auch in Zukunft jegliche Unterstützung erhalten, die ihnen hilft mit ihren behinderten Kindern ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Die Aberkennung der erhöhten Familienbeihilfe bedeutet für diese Familien eine unberechenbare Belastung. Viele Elternteile können aufgrund der häuslichen Pflege ihrer anvertrauten Kinder keiner regulären Arbeit nachgehen und sind deshalb auf die Unterstützung der Allgemeinheit, dessen gewählter Vertreter Sie sind, angewiesen. Es sind unzählige Österreicher/innen, die aufgrund dieses grauenhaften Bescheides vor existentiellen Problemen stehen.

Wie weitreichend diese Entscheidung ist und welche weiteren Einschränkungen für Menschen mit Behinderungen dies nach sich zieht, ist noch gar nicht klar, da ja aufgrund der mangelnden Vorinformation keinerlei Diskussionen und Überlegungen diesbezüglich angestrebt werden konnten.

Als Familienministerin zähle ich aus ganzem Herzen auf Ihre Unterstützung im Sinne dieser besonderen Familien in Österreich.

Freundliche Grüße aus Innsbruck von
Marianne Hengl, Obfrau von RollOn Austria